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Seliger Bernhard Lichtenberg

nicht gebotener Gedenktag (5. November)

Der selige Bernhard Lichtenberg war eine kraftvolle Lichtgestalt, die uns wegweisende Impulse für unsere heutige Zeit geben kann. Am 3. Dezember 1875 im schlesischen Ohlau als Sohn eines Kaufmanns geboren, erhielt er in seinem Elternhaus die Prägung, die für sein Leben entscheidend sein würde. Zwei Grundlinien fallen dabei besonders auf, es wurde regelmäßig gemeinsam gebetet und es wurde über Politik diskutiert. Schon als kleiner Junge bekam Bernhard mit, wenn man den Staat mitgestalten möchte, muss man sich einmischen. In der niederschlesischen Diaspora bedeutete das konkret: Nur gemeinsam sind wir stark und wenn wir als Kirche gehört werden wollen, müssen wir als Katholiken unsere Interessen vertreten.

Dass jegliches Engagement ohne das Gebet seelenlos und ohne Nutzen sein würde, war eine Selbstverständlichkeit für Lichtenberg. Ebenso wichtig war, wenn eine Partei, die in wesentlichen Aspekten im Gegensatz zum Glauben und den Grundsätzen der Kirche stand, musste sie mit Widerstand rechnen. Die Jugend Bernhard Lichtenbergs war von intensiven konfessionellen und politischen Auseinandersetzungen geprägt. Beispiele hierfür stehen in Zusammenhang mit Bismarcks Kulturkampf, innerhalb dessen öffentliche Glaubensäußerungen von Katholiken nicht gern gesehen und eine Reihe von staatlichen Grenzmarken gesetzt wurden, die den bisherigen Einflussbereich der Kirchen betrafen.

Seine Berufung zum Priesteramt scheint für Bernhard Lichtenberg selbstverständlich gewesen zu sein. Seine Stärke lag in der freien Rede, eine Fähigkeit, die er als Prediger immer wieder wirksam zum Einsatz brachte. Seine Studien verbrachte er in Innsbruck und Breslau, wo sich bereits die zeitlebens gelebte persönliche Bescheidenheit Lichtenbergs zeigte. Obwohl er sich gerne zum betrachtenden Gebet zurückzog, hatte er zugleich Freude an der Gemeinschaft mit anderen Menschen. Sein Studieninteresse galt weniger der wissenschaftlichen Theologie als vielmehr dem, was ihm in der konkreten Seelsorge nützlich sein würde. Sich selbst unterzog er regelmäßigen Exerzitien, deren charakterformende Prägung an seinen Notizen ablesbar ist.

Am 21. Juni 1899 wurde Lichtenberg im Breslauer Dom zum Priester geweiht. Die Primiz in Ohlau begann er mit einer Prozession von seinem Elternhaus zur Kirche, der ersten Prozession seit dem Kulturkampf. Das Motto des mit Familie Lichtenberg befreundeten Primizpredigers war: „Ein Priester bleibt ein Priester und wäre er in Ketten und in Banden“, Worte, die sich für Bernhards Lebensweg als prophetisch erweisen würden. Lichtenberg lebte seine priesterliche Berufung immer auch öffentlich. Ob er „Unter den Linden“, in der Berliner U-Bahn das Stundengebet betete, oder mit der Monstranz durch die Straßen ging – nie wäre es ihm eingefallen, das, was er tat oder war, dezent zu verbergen.

Nach der Zeit als Kaplan in der Stadt Neiße, die man das „schlesische Rom“ nannte, kam er in die Berliner Diaspora. Der Gegensatz zwischen diesen beiden Aufgaben könnte kaum größer sein. Hier die katholische Kleinstadt mit jahrhundertealter Tradition, dort die Großstadt mit nur wenigen Katholiken, fast alle mit Migrationshintergrund. Lichtenberg sorgte mit zahlreichen Kirchenneugründungen dafür, dass die Gläubigen sich dort, wo sie lebten, zum Gebet versammeln konnten, denn weite Fußwege machten den Kirchgang beschwerlich. In seinen Sommerurlauben ging er auf Predigtreisen und betrieb Fundraising für seine Projekte und caritativen Aktivitäten. Sein Briefwechsel war so umfangreich, dass das für ihn zuständige Postamt durch seine Aktivitäten expandieren musste.

Neben der Herzensbildung in den Gemeinden war ihm die schulische Bildung der Kinder und Jugendlichen ein Anliegen. Deshalb gründete er das Berliner Canisius-Kolleg und sorgte dafür, dass der Jesuitenorden geeignete Lehrer zur Verfügung stellte. Um die katholische Kirche auch auf Stadtebene präsent zu halten, wurde er Abgeordneter in der Charlottenburger Stadtverordnetenversammlung. Lichtenberg war ein Mensch, der ohne zu zögern seinem Gewissen folgte, deshalb war Einmischung für ihn eine unumgängliche Christenpflicht. Wo immer es nötig war, protestierte er gegen Menschrechtsverletzungen.

Die politische Entwicklung seiner Zeit verfolgte er aufmerksam. Hitlers „Mein Kampf“ studierte er sorgfältig und versah das Buch mit zahlreichen Anmerkungen, die später im Prozess gegen ihn verwendet wurden. Als er einmal zu einem Sterbenden gerufen wurde, geriet er mitsamt der heiligen Eucharistie, die er für den Versehgang mit sich führte, in einen Barrikadenkampf. Er verhandelte mit den streitenden Parteien, erklärte ihnen, in welchem Anliegen er unterwegs war und erreichte, dass die Kampfhandlungen für die Zeit seiner Überquerung des Schlachtfeldes eingestellt wurden und er den Sterbenden noch rechtzeitig erreichte.

Als Dompropst an der St.-Hedwigs-Kathedrale war ihm klar, dass seine Proteste gegen die nationalsozialistische Ideologie für ihn langfristig nicht ohne Folgen bleiben würden. Aber er sah es als selbstverständlich an, seinem „Gewissen zu folgen und alle Konsequenzen, die sich daraus ergaben, in Kauf zu nehmen“. Seine Zeit im Gefängnis nutzte er als eine Zeit spiritueller Vertiefung: „Ich bin nun ein Kartäusernovize und meine Zelle ist mein Kloster“, sagte er. In stetem Wechsel von Gebet und Arbeit ließ er die Gefangenschaft für sich zu einer sinnerfüllten Erfahrung werden. Eine wichtige Stärkung waren ihm jene Gebete, die er in sich trug: das Rosenkranzgebet und Litaneien. Sie gaben ihm die Kraft, die Verurteilung zur Deportation nach Dachau anzunehmen und Christus zum Geschenk zu machen.

Für sein Lebenszeugnis sprach ihn Papst Johannes Paul II. 1996 in Berlin selig. Die Verantwortlichen der Gedenkstädte Yad Vashem ehrten ihn posthum 2005 wegen seines Einsatzes für verfolgte Juden mit der Auszeichnung „Gerechter unter den Völkern“. Wichtige Gedenkorte sind in Berlin (St.-Hedwigs-Kathedrale) und Hof (Pfarrei Bernhard Lichtenberg), wo er auf dem Weg in das KZ Dachau am 5. November 1943 starb.                

Dr. Ludger Stühlmeyer

Literatur

  • Stühlmeyer, Barbara und Ludger: Bernhard Lichtenberg – ich werde meinem Gewissen folgen. Mit Beiträgen von Joachim Kardinal Meisner und Erzbischof Ludwig Schick. Topos-Plus, Kevelaer 2013, ISBN 978-3-836708-35-7.
  • Stühlmeyer, Ludger: Gerechter unter den Völkern. Vesper zu Ehren des seligen Bernhard Lichtenberg. Mit einer Biografie und Zitaten. Geleitwort von Nuntius Erzbischof Nikola Eterovic. Verlag Sankt Michaelsbund, München 2017, ISBN 978-3-943135-90-9.